Der Vater erinnert sich an seine eigene Jugend - oder - der erste Alkohol

Wie Sie vielleicht wissen, war mein Vater 52 Jahre älter als ich. Er war begeisterter Sportschütze ich angefressen vom Schiessen, aber noch zu jung für den Jungschützenkurs. Schiessen hiess auch feiern der Resultate.


Da alle Schützen den Nachwuchs unterstützten durfte ich ausser Konkurrenz am jährlichen Cup am 2. Januar, dem Bärchtelischiessen teilnehmen. Dabei schoss ich das zweitbeste Resultat aller Schützinnen und Schützen, eben, ausser Konkurrenz. Zum Absenden im damaligen Löwen war ich dann auch eingeladen, es gab Fondue. Ganz begeistert von meinem Resultat offerierten mir dann diverse Leute ein Glas Wein (ich war ja schliesslich konfirmiert und durfte den trinken). Okay ..... anfangs ging das noch ganz gut, die Situation veränderte sich aber mit dem Fortschreiten des Abends. Ich merkte, dass die Zeit reif war, stand auf und machte mich auf den, glücklicherweise sehr kurzen, Nachhauseweg. Soweit ich mich erinnere brauchte ich beim Gehen beide Seiten der Mittellinie und wie ich das Schlüsselloch an der Haustür fand, entzieht sich meiner Kenntnis und wird wohl für ewig im Schutz der Vergessenheit bleiben. Die Eltern waren in der Stube vor dem Fernseher. Ich schlich - wahrscheinlich eher gut hörbar - in mein Zimmer und legte mich ins Bett, das frecherweise jemand durch ein Karussell ersetzt hatte. Also aufstehen, Mageninhalt auf der Toilette sich nochmals durch den Kopf gehen lassen und nächster Versuch mit dem Bett. Mit eingeschaltetem Licht und einem Fuss auf dem Boden konnte ich das Karussell doch merklich abbremsen. Als die Mutter die Türe öffnete und fragte, was denn los sei, brachte ich nur ein "Hau ab und lass mich in Ruhe" heraus.
Am nächsten Morgen erwartete ich sowohl das monatliche Taschengeld vom Vater wie auch einen gründlichen und wohl längeren Zusammenschiss. Die Reaktion meines Vaters rechne ich ihm auch heute noch, mehr als zwanzig Jahre nach seinem Tod hoch an: Er gab mir einen deutlich höheren Betrag als üblich und meinte nur: "Jetzt, wo Du gelegentlich ausgehst, kannst Du das ja brauchen."
Meine Güte! Wohl bei allen meine Schulkolleginnen und -kollegen im Gymi mit Vätern, die 20 oder mehr Jahre jünger waren als meiner, hätte es das wohl nie gegeben. Das war eine der vielen Facetten, die mein Vater hatte, Chapeau!

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