Wer war schon einmal in Zürich ?
Diese Frage stellten wir uns einmal in der Primarschule im Alter von etwa zehn Jahren, also ungefähr im Jahr 1967. Dabei wurde ich bestaunt, als ich "ja" sagte.
Die Mobilität war damals viel geringer als heute. Viele Leute besassen kein Auto, die öffentlichen Verkehrsmittel rar und oft sah man auch keinen Grund, in die Stadt zu gehen, denn man bekam ja mindestens im Nachbardorf alles, was man zum Leben brauchte.
Da mein Vater gelegentlich nach Winterthur musste, um Papeteriewaren für die Gemeindekanzlei einzukaufen und weil mein Halbbruder mit seiner Familie in Winterthur wohnte, kam ich doch ab und zu in diese Stadt, die rund 16 Strassenkilometer von uns weg war. Auch die meisten meiner Klassenkameradinnen und -kameraden waren schon ab und zu in Winterthur, einige allerdings vielleicht ein- oder zwei Mal. Zürich, ja Zürich war schon eine ganz andere Sache! Von meiner Klasse mit zwölf Schülerinnen und Schülern waren wir vielleicht zu dritt, die "schon einmal da waren".
Überhaupt .... die Stadt war etwas ganz Besonderes. So war es für einen Grossteil der Landbevölkerung üblich, dass man sich "gsuntiget" (mit den Sonntagskleidern) anzog, wenn man in die Stadt fuhr. Man wollte ja nicht gleich als Landei erkannt werden. Das war allerdings recht schwierig. Nur schon unser Tösstalerdialekt unterschied sich deutlich von demjenigen in der Stadt (Winterthur) und man wurde sofort als Tösstaler erkannt, oft auch belächelt oder sogar recht offen zynisch angegrinst. Wir fielen mit unserem eher breiten und auch etwas langsameren Dialekt sofort auf. Die "A" sprachen wir oft als "O" aus, also "Salot" (Salat), "Schtross" (Strasse) und "Pfohl" (Pfahl).
Und Zürich war nochmals eine ganz andere Nummer: Viele Leute, laut, gehetzt, ein Gedränge und die nahezu lebensgefährlichen Trans und Busse, deren Fahrer/innen mit uns staunenden Auswärtigen kaum Erbarmen zeigten, wenn wir links und rechts herumschauend versuchten, die Strasse zu überqueren.