Der öffentliche Verkehr
Ja, den gab es auch bei uns, sofern man viel Geduld hatte und vor allem zur werktätigen Bevölkerung gehörte.
Der Verkehr war ganz auf die Leute zugeschnitten, die am Morgen in die Stadt zur Arbeit und am Abend wieder nach Haus mussten. Taktfahrpläne oder auch nur halbwegs gut aufeinander abgestimmte Fahrpläne waren bei uns im Tösstal nicht vorhanden oder dann sehr, sehr rar.
Postauto
Das war bei uns das einzige öffentliche Verkehrsmittel. Es fuhren drei Kurse morgens zwischen sechs und halb acht Uhr, dann zwei über Mittag (für die Schüler, die ins Nachbardorf mussten) und dann am Abend wieder zwei oder maximal drei Busse. Zwischen acht und zwölf Uhr und zwischen zwei und fünf Uhr hatte man "verloren", da war einfach nichts ausser der leeren Haltestelle.
Auch war bei uns der Bus zwischen Turbenthal und Fehraltdorf eher auf die Zürcher Seite (also Fehraltdorf) orientiert. Das Postauto, mit dem ich nach Turbenthal auf die Bahn hätte fahren können, um in die Kantonsschule nach Winterthur zu gelangen, fuhr morgens um sieben so "dämlich", dass es zwei oder drei Minuten nach Abfahrt des Zuges an der Bahnstation ankam. Das hiess also: Jeden Morgen, bei jedem Wetter mit der schweren Schulmappe zu Fuss nach Rämismühle-Zell auf die Bahn. Der Weg führte über ein Feld, dann recht steil durch einen Wald hinab und dann nochmals über ein Feld. Besonders mühsam war das im Winter, wenn es noch dunkel war. Als besonders mühsam empfand ich am Abend den Nachhauseweg mit dem Anstieg durch den Wald.
Eisenbahn
Auch da gab es noch keinen Taktfahrplan. Ein kleines Beispiel: Normalerweise fingen meine Lektionen in Winterthur um 07:40 Uhr an, was mit dem Zug recht gut klappte, auch wenn wir in Winterthur ziemlich hetzen mussten. Unter der Woche musste ich den gleichen Zug nehmen, auch wenn meine erste Lektion ausnahmsweise erst um 10:00 Uhr begann. Lediglich am Samstag gab es eine spätere Verbindung auf diese Zeit. Gleich dürftig waren die Verbindungen am Abend. Je nach Stundenplan mussten wir Tösstaler da oft mehrmals pro Woche eine oder eineinhalb Stunden warten, bis ein Zug fuhr. Klar lag teilweise Aufgabenmachen drin, dazu hatte man jedoch auch nicht jeden Tag Lust und oft auch nicht die notwendigen Schulbücher dabei, denn unsere Mappen waren sehr oft randvoll mit dem notwendigen Material für den aktuellen Tag.
Noch vor meiner Schulzeit in Winterthur, wenn ich bspw. mit meiner Mutter einen Krankenbesuch im Spital Winterthur machte, gab es drei Klassen in der Bahn: Die dritte mit Holzbänken, die zweite mit Leder- oder Kunstlederbezug und dann die erste, die man eigentlich nur vom Hörensagen her kannte und völlig ausser Reichweite für uns war.
Wussten Sie übrigens, warum die Bahnwagen damals grün mit grau/braunen Dächern waren ? Ganz einfach: Viele der Wagen konnten in Kriegszeiten als Lazarettwagen umgebaut werden, mit diesen Farben waren sie aus der Luft weniger gut erkennbar. Diese Wagen erkannte man sofort, denn sie hatten neben der normalen Beleuchtung noch einige wenige blaue Lampen, die sehr gedämpftes Licht gaben.
Bus oder Trolleybus in Winterthur
Die wichtigsten Linien gab es natürlich damals schon. Speziell für "uns heutigen" sind zwei Dinge: Erstens, es wurde im Bus geraucht, ganz offiziell mit Aschenbechern. Spassig war das vor allem in der Vorweihnachtszeit, der ganze Bus eh pumpenvoll und die Gefahr von Brandlöchern in den Kleidern war durchaus real. Zeitens: s gab in jedem Bus einen Billettverkäufer oder eine -in. In den Gelenkbussen sass diese Person in der Mitte des Buses in einer Art Kabäuschen. Man musste also, wenn man kein Abonnement hatte, zu dieser Person, Ein- und Ausstiegsort angeben und dann bezahlen. In den Stosszeiten kam es durchaus vor, dass man sich auch mit dem besten Willen nicht zum Kondukteur oder Kondukteurin durchkämpfen konnte.
Dafür genossen die Busfahrer Winterthurs nahezu in der ganzen Deutschschweiz einen sehr zweifelhaften Ruf. Sie galten als besonders rücksichtslos und rüpelhaft. Man hatte als Verkehrsteilnehmer durchaus den Eindruck, dass der Rückspiegel beim Herausfahren aus einer Haltebucht grundsätzlich nie benutzt und der Blinker erst nach dem Abbiegen gestellt würde. Als ich nach einer grösseren Knieoperation mit einem Gips von Ferse bis Hüfte unterwegs war und mit zwei Stöcken in einen Bus kletterte, kam ich nicht schnell genug an eine Haltestange. So verlor ich dann bei der überaus rasanten Anfahrt den Halt und nur ein Hechtsprung an einen Sitz rettete mich vor dem Umfallen. Durchsage des Fahrers über die Lautsprecher: "Muesch di halt hebe, du Löli!" A...... (rrogantes Ding Du )