Fernsehen beim Bauern

Die ersten Fernsehapparate, selbstverständlich nur in schwarz/weiss kamen ganz anfangs der 60er Jahre auf. Damit wir Kinder unsere Lieblingsserien sehen konnten, mussten wir viel Mut aufbringen.

Allgemeines zum Fernsehen

In unserem Dorf hatten lediglich etwa vier Haushalte einen Fernsehapparat. Nur zwei, oder mit einer speziellen Antenne drei Sender konnte man empfangen. Das waren Schweizer Fernsehen, ARD und allenfalls ZDF. Fast unglaublich war es, dass eine einzige Familie auch ORF 1 sehen konnte, das lag an der speziellen Lage des Hauses.
Eine 24 Stunden lange Berieselung gab es nicht. Das Schweizer Fernsehen begann meist um etwa 16 Uhr mit Kindersendungen, ab etwa 18 Uhr Informationen und nach den Nachrichten um 20 Uhr wurden dann Quizshows, Dokumentationen, politische Sendungen oder auch Spielfilme gezeigt. Dann war ab etwa 23 Uhr wieder Schluss bis am Nachmittag des kommenden Tages. Da sah man entweder "Ameisenkino" (Bildrauschen ohne Signal) oder das Testbild.
Das Thema "Fernsehen" wurde kontrovers betrachtet. Alle waren fasziniert und doch galt es als leicht anrüchig. So konnte man Fernsehgeräte kaufen, die wie kleine Kommoden aussahen, bei denen der Schirm also verdeckt werden konnte. So sah der Besuch nicht auf anhieb, dass man ein solches Gerät besass.

Kindersendungen

Das Schweizer Fernsehen hatte - für mich - einige sehr gute Sendungen in dem Bereich:
Beliebt waren bspw. Bastelsendungen für verschiedene Altersgruppen (so "Basteln mit Gerda Conzetti") oder dann auch für Jugendliche. So konnte man einen Bausatz für Segelflugmodelle bestellen und dann jede Woche in der Sendung ansehen, was man wie als nächsten Schritt zusammenbauen musste.
Lehrreich und wirklich spannend gemacht war - als Beispiel - "Die Brandverhüter". Durch Feuerwehrleute und andere Spezialisten lernte man Brandgefahren im Haushalt, dem Hof oder der Werkstatt kennen und wir lernten, wie man diesen Gefahren begegnete. Diese Sendung war eine sehr gute Unterhaltung und die Tips praxisnah und einleuchtend. Als kleines Gadget gab es ein Brandverhüterabzeichen (einen Pin), den man sich dann bestellen konnte, wenn man einen einfachen Fragebogen beantworten konnte.

Tiersendungen und die Bauernfamilie

Nun aber zum Thema: Was haben Bauern mit Fernsehen zu tun ?
Ganz einfach. Eine der wenigen Familien, die einen Fernsehapparat besass, war eine Bauernfamilie, Nachbarn von uns. Wir kannten zwar die Sendungen wie Fury (Junge mit Pferd besteht brenzlige Situationen), Flipper (Junge mit Delphin) oder Lassy (Junge mit Hund), aber als grosses Problem: Von uns hatte niemand einen Fernsehapparat zu Hause. Was tun ?
Einige Mutige unter uns, klingelten bei der Bauernfamilie und fragten, ob wir dann und dann diese oder jene Sendung bei ihnen ansehen durften. Zu unserer grossen Freude war die Antwort "Ja". So versammelten wir uns dann etwa zu sechst oder siebt zur gegebenen Zeit vor diesem Haus und durften dann in der Stube der Familie diese Sendung ansehen. Die einzige Bedingung war, dass wir unseren Eltern sagten, wo wir in dieser Zeit waren.

Fernsehen im Geheimen

Im Vorabendprogramm liefen auch Sendungen, die viele Erwachsene als für uns ungeeignet betrachteten. Dazu gehörte alles, das mit bspw. Schlägereien oder Kriminalfällen zu tun hatte. Eine meiner Lieblingssendungen in dieser Kategorie war "Sprung aus den Wolken". Sie handelte von zwei Fallschirmspringern, die immer wieder Abenteuer zu bestehen hatten, so bspw. Bekämpfung eines Waldbrands, Rettung von Bergsteigern oder die Jagd nach Verbrechern. Da ich schon damals vom Fallschirmspringen angefressen war, zog ich mir die Sendungen rein, wie das andere heute mit "einer Linie" machen. Auch meine Eltern waren gar nicht begeistert, hatten aber glücklicherweise mit der Post und der Gemeindekanzlei so viel zu tun, dass ich mir die Sendungen problemlos ansehen konnte.

Gassenfeger

Legendär waren andere Sendungen auch für Erwachsene: Beispielsweise Unterhaltungssendungen wie der Teleboy, Wissensquiz oder dann die Hitchcock-Thriller. Es war wirklich so, dass die Strassen leer waren, wenn diese Thriller liefen. Restaurants schlossen, weil eh niemand kam und Gemeindeversammlungen verschob man wegen dieser Sendungen. 

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